Ein Interview mit dem Sternekoch Johann Lafer über sein Engagement in der Schulverpflegung

Johann Lafer gehört zu den bekanntesten Sterneköchen Deutschlands, und sein Restaurant mit angeschlossenem Hotel, die „Stromburg“ in der Nähe von Frankfurt, hat sich als erste Gourmetadresse etabliert. Auch auf dem internationalen Küchenevent LivingKitchen in Köln begeisterte er das Publikum und weihte es live in seine Kochkünste ein. Was viele allerdings nicht über den gebürtigen Österreicher wissen: Lafer engagiert sich seit Jahren im Bereich der Schulverpflegung und wurde Ende 2012 Betreiber der Mensa am Gymnasium am Römerkastell, Bad Kreuznach (ebenfalls bei Frankfurt).

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Photo: Johann Lafer

Herr Lafer, Sie haben selbst zwei Kinder. Welche Rolle spielt das Thema Ernährung bei Ihnen zu Hause?
Johann Lafer: Natürlich eine wichtige und große. Nicht nur in der Familie, sondern auch im ganzen Stromburg-Team: Wir alle achten darauf, uns gesund und lecker zu ernähren. Alle unsere Kinder haben von Kleinkindfüßen an gelernt, was gutes Essen ist und aus was es wie gemacht wird. Sie probieren alles und entscheiden selbst, ob es ihnen schmeckt. Dasselbe gilt für das Team. Diese Sensibilisierung ist genauso wichtig wie die Neugierde. Wir alle beherzigen vor allem Frische und Qualität, experimentieren gerne und sind Genießer.

Wie kam Ihnen die Idee für das Projekt food@ucation, und wie lange hat es gedauert, es umzusetzen?
Johann Lafer: Es war und ist mein Wunsch, mein Lebensmotto umzusetzen – ein Leben für den guten Geschmack. Langfristig gedacht ist es gut, wenn man jung damit anfängt. Also habe ich überlegt, wo sich viele Kinder aufhalten und wo man etwas verbessern kann, indem man eine Idee in die Tat umsetzt. Schulessen wird seit jeher nicht gerade gelobt. So entwickelte sich die Idee einer Schulmensa. Die erste Überlegung gab es schon vor ganz langer Zeit, bis zur gelungen Umsetzung hat es bis 2012 gedauert. Jetzt bieten wir jeden Tag am Gymnasium am Römerkastell abwechslungsreiches und leckeres Essen für 450 Kinder und Jugendliche in angenehmer Atmosphäre an. Und günstig ist es auch: Ein Essen kostet die Eltern 3,10 Euro pro Tag, der Landkreis bezahlt noch 1,30 Euro dazu.

Mit welchen konkreten Maßnahmen schärfen Sie das Bewusstsein der Jugendlichen und Kinder für gesunde Ernährung?
Johann Lafer: Wir wecken ihr Interesse, nehmen ihre Wünsche ernst und lassen sie mitgestalten und mitbestimmen. Wir zeigen ihnen spielerisch jeden Tag bei allen drei Gerichten, die angeboten werden, wie ihr Essen im Rohzustand aussieht – erntefrisch und zum Anfassen. Eine junge Ökotrophologin steht für Fragen bereit und bietet den Kindern Kochkurse an.

Partizipation ist ein ganz wichtiger Punkt in Ihrem Projekt. In welchem Umfang können sich alle an dem Projekt beteiligen – und warum ist das so wichtig?
Johann Lafer: Es ist das A und O. Nur so kann das Interesse wirklich geweckt werden. Die Kinder bekommen jeden Tag einen Zettel, auf dem sie das Essen bewerten sowie anonym meckern und loben können. Auch neue Ideen sind gefragt. Das wird sehr gut angenommen, und wir nehmen jeden Hinweis ernst. Sie dürfen den Speiseplan mitbestimmen und gestalten. Ein Beirat aus Eltern und Lehrern kann ebenfalls Anregungen und Wünsche einbringen.

Sie möchten mit food@ucation die Ernährungssituation und das -verhalten an Schulen verbessern. Wie gut haben Sie das Ziel bis heute verfolgen können?
Johann Lafer: Unser Pilotprojekt, die Mensa im Gymnasium am Römerkastell, funktioniert hervorragend. Die Kinder sind glücklich darüber, Eltern und Lehrer beeindruckt und es werden viele Impulse auch für zu Hause aufgegriffen. Das spricht sich natürlich herum, und wir erhalten mittlerweile regelmäßig Anfragen von anderen Schulen in ganz Deutschland, wie sie Ähnliches einrichten könnten. Das macht Mut und zeigt, dass es sich lohnt, hohen persönlichen Einsatz für Ernährung zu bringen. Der Zufriedenheitsfaktor liegt in unserer Mensa bei 90 Prozent – das spricht für sich.

Wo liegt Ihrer Meinung nach das Hauptproblem der mangelhaften Verpflegungsangebote an vielen Schulen in Deutschland? Und wie kann diese Situation verbessert werden?
Johann Lafer: Essen wird leider oft stiefmütterlich an Schulen behandelt und nicht als das angesehen, was es ist: Eine optimale Basis für konzentriertes Lernen und eine gesunde Zukunft für die Kinder – mit Respekt vor der Natur, von der wir alle abhängig sind. Aber wenn wir als Erwachsene unseren Kindern nicht praxisnah beibringen, was gut ist, wie sollen diese Kinder das dann später an ihre eigenen weitergeben? Vielleicht liegt es daran, dass niemand sich dafür die Zeit und Energie genommen hat, ein Beispiel zu schaffen. Ich hoffe sehr, dass wir ein bisschen dazu beitragen, dass gute Ernährung an unseren Schulen eine wichtigere Rolle spielt als bisher. Und es sieht ganz danach aus.

Herr Lafer, wir danken Ihnen ganz herzlich für das Gespräch und hoffen, dass Ihr Engagement in ganz Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht!

imm Köln

vdm Michael Hiller

 

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