STORIES/MOBILITÄT/DESIGN: Stories hinter dem Mazda Design: Menschen, Techniken und die japanische Philosophie
Jedes Land hat seine eigene Kultur, Produkte zu gestalten. Japan geht den in der Regel den Weg der traditionellen japanischen Philosophie. So auch der Automobilhersteller Mazda. Im Jahr 2021 schlug Ikuo Maeda, Chefdesigner bei Mazda, mit der Designphilosophie Kodo – Soul of Motion eine mutige neue Richtung ein. Auf der Los Angeles Auto Show präsentierte der japanische Hersteller mit dem Konzeptfahrzeug Shinari erstmalig die neue Designlinie, die maßgeblich den Imagewechsel der Marke aus Hiroshima geprägt hat und bis heute zahlreiche Auszeichnungen gewonnen hat. Durch diese Nachhaltigkeit gilt Mazda heute unter den japanischen Automobilmarken als die Marke mit dem attraktivsten Design.
Der Kern der Kodo Designsprache war schon immer die japanische Kultur der Handwerkskunst. Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort Kodo „Herzschlag”. Die wesentliche Idee hinter dem Kodo Design ist jedoch die kraftvolle und unwiderstehliche Schönheit natürlicher Bewegung in einem stillen Objekt. „In Japan haben wir das Gefühl, dass Handwerker dem, was sie herstellen, Leben einhauchen. Wir glauben, dass eine Form, die aufrichtig und sorgfältig von Menschenhand hergestellt wird, eine Seele bekommt”, erklärt Ikuo Maeda. So bekommt „Soul of Motion” eine doppelte Bedeutung, denn es drückt sowohl die Essenz der Bewegung als auch die „Seele” aus, die dem Auto von den Mazda Handwerkermeistern verliehen wurde. In nächster Zeit stellen wir Menschen und Gestaltungsphilosophien vor,
die das Design von Mazda wesentlich mitprägen.
Beginnen tun die kleinen Stories mit Yutaka Kawano.
Der Meister des Metalls
Yutaka Kawano ist ein Meister des Metalls: ein Mazda Takumi, der aus metallischen Formen Kunst erschafft. Seine Arbeit steht exemplarisch für die gestalterischen und handwerklichen Fähigkeiten die bei allen Mazda Fahrzeugen zum Vorschein kommen.
Wenn morgens in Hiroshima die Pendler zur Bahn eilen, die Kinder mit dem Fahrrad zur Schule fahren und in den Cafés die ersten Muntermacher serviert werden, hat Yutaka Kawano auf seiner Werkbank Hämmer, Holzschlegel und rasiermesserscharfe Blechscheren schon bereitgelegt. Und während hinter ihm die Generatoren surren, beginnt der Takumi-Meister im Mazda Design Modelling Studio ein hauchdünnes Stück Blech zu hämmern und zu biegen.
„KAWANO KÖNNTE DIE PERSONIFIZIERUNG DES MENSCHENZENTRIERTEN DESIGNANSATZES VON MAZDA SEIN.“
Aus dem schimmernden Material will Kawano mit Hammer, Zange und Schraubstock ein einzigartiges Kunstwerk schaffen, das den Serienfahrzeugen von Mazda verblüffend ähnlich ist. Er arbeitet an einer Rashin-Skulptur, die mit zehn weiteren Teilen zu einem glatten und glänzenden Objekt verschmelzen wird. Es weist Parallelen zu den aktuellen Mazda Designs auf, gewährt aber auch einen Ausblick auf mögliche Konzepte für künftige Fahrzeuge.
„DIE MAZDA DESIGNER LASSEN SICH VON KAWANO ZU KONZEPTFAHRZEUGEN INSPIRIEREN, AUS DENEN DIE NÄCHSTE GENERATION VON MAZDA FAHRZEUGEN ENTSTEHT.“
Kawano ist in jeder Hinsicht ein Virtuose. In der Werkstatt, zwischen abgenutzten Werkzeugen, Gürtelsägen und Schweißbrenner-Masken, fühlt er sich zu Hause und könnte, umgeben von Entwürfen und noch nicht beendeten Arbeiten, als Personifizierung des menschenzentrierten Designansatzes von Mazda durchgehen.
Denn seine Arbeiten würden auch in ein Museum für zeitgenössisches Design oder in eine gehobene Kunstgalerie passen – ihre Auswirkungen auf die reale Welt sind praktisch und weitreichend. So lassen sich die Mazda Designer von Kawano und seinen Ideen zu Konzeptfahrzeug-Designs für künftige Modelle inspirieren. Zudem haben seine Metallarbeiten einen direkten Bezug zu den Fahrzeugen, die nur ein paar hundert Meter von der Werkstatt entfernt von den Produktionsbändern laufen: Das glänzende Metall, das überall in seinem Studio zu sehen ist, diente unter anderem beim Mazda3 als Inspiration für die verchromten Innenverkleidungen und für die Fahrzeugform insgesamt.
Bei Kawanos Arbeit geht es aber nicht nur darum, das äußere Erscheinungsbild zu verbessern; oft rufen seine Arbeiten beim Betrachter auch Emotionen wie Glück und Zufriedenheit hervor. Ob beabsichtigt oder nicht, oft gelingt es ihm, diese Gefühle auf ein neues Niveau zu heben. „Wenn die Leute meine Arbeit ansehen und sich darüber freuen, bin ich auch glücklich“, sagt er mit einem Lächeln.
Kawano hat eigene maßgeschneiderte Geräte hergestellt und musste spezielle Modifikationen an Standardwerkzeugen vornehmen, um seine Arbeiten anfertigen zu können. Damit sind seine Hämmer, Schraubstöcke und Ambosse Wunderwerke für sich. Seine Armbänder bestehen aus spitz zulaufendem Jeansstoff. Selbst die Risse in einem alten Baumstamm kann Kawano als Hebel nutzen, um Kupfergegenstände zu formen.
Das alles ist Teil der Mission, immer besser zu werden und die Mazda Designstrategie in die Zukunft zu führen. Über allem steht der Geist des Monozukuri, das Streben nach Perfektion in Produktplanung, Design, Entwicklung und Produktion. „Es gibt immer noch Bereiche meiner Arbeit, die ich verbessern muss, um ein höheres Niveau zu erreichen“, sagt Kawano.
„WAS VON MENSCHENHAND GESCHAFFEN WURDE, SOLLTE NICHT VERLOREN GEHEN.“
YUTAKA KAWANO
Von außen betrachtet hat Kawano dieses höhere Niveau längst erreicht. Seit er im Alter von 18 Jahren begann, mit Metall zu arbeiten, war er in unterschiedlichsten Disziplinen bei Mazda tätig. Er startete mit dem Training für die National Skills Competition und arbeitete anschließend in der Karosseriefertigung, bevor er in die Designabteilung wechselte. Hier hat er fast vier Jahrzehnte lang sein Handwerk in den Bereichen Metallbearbeitung, Lackierung und Nähen verfeinert.
Heute ist es seine Aufgabe, die in Ton oder digital geformten Ideen der Designer zum Leben zu erwecken. Aus Materialien wie Metall, Harz und Leder formt er Modelle und Kunstwerke mit Ausdruckskraft und Präzision. Er arbeitet auch mit der jüngeren Generation von Designern und Künstlern zusammen und gibt dabei sein Wissen über Metallarbeiten und sein tiefes Verständnis der Mazda Designphilosophie weiter. „Ich gebe ihnen Ratschläge und lerne von ihnen“, sagt er. „Wir arbeiten zusammen und entwickeln uns gemeinsam weiter.“
Die Arbeit des inzwischen 60-jährigen Kawano bei Mazda ist ein eindrucksvolles Beispiel für das japanische Erbe und dafür, wie handwerkliche Fähigkeiten und die Digitalisierung Hand in Hand gehen. Kawano hat aber auch außerhalb von Mazda bleibenden Eindruck hinterlassen. Er wurde mit der Gestaltung eines Kupferrahmens für die ewige Flamme des Daishoin-Tempels in Miyajima beauftragt, arbeitete dabei mit anderen Unternehmen aus Hiroshima zusammen und ließ sich vom Erbe der Stadt inspirieren, in der seit jeher viel produziert wird. Seitdem zieht sein Entwurf die Betrachter in seinen Bann. „Dinge, die von Hand geschaffen wurden, vermitteln Wärme und sollten nicht verloren gehen“, erklärt er abschließend.
Brand: Mazda Motor Corporation
virtualdesignmagazine Michael Hiller