LISA RICHARD

Musik als Echo der Seele

LISA RICHARD

Musik als Echo der Seele

das KULTURgespräch   

Mit ihrer warmen, eindringlichen Stimme, ihrem authentischen Country-Stil und einer Bühnenpräsenz, die ebenso kraftvoll wie nahbar ist, zählt Lisa Richard längst zu den spannendsten Stimmen Kanadas. Ihre Stimme hat aber auch längst in Europa ein Publikum erreicht. Wir haben uns mit der preisgekrönten Singer-Songwriterin über ihre musikalischen Anfänge, das Leben als Künstlerin zwischen Studio, Bühne und persönlicher Weiterentwicklung und über die Geschichten hinter ihren Songs unterhalten.

 

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Lisa, ich freue mich sehr, dich als Gast für das Kulturgespräch in unserem Magazin begrüßen zu dürfen. Deine Stimme ist etwas ganz Besonderes – sie transportiert Emotionen mit einer Authentizität, die nie überladen wirkt. Deine Musik ist mehr als nur ein Genre; sie erzählt Geschichten, die nachhallen. Das macht sie so fesselnd.
Du bist eine kanadische Künstlerin, die in Kanada lebt, aber deine Stimme hat längst auch in Europa ein Publikum erreicht. Du hast die Bühne mit Künstlern wie Vince Gill & The Time Jumpers geteilt und warst bei CTV Atlantic zu Gast . Du hast außerdem beeindruckende Auszeichnungen erhalten, darunter den Titel „International Female Songwriter of the Year“ bei den ISSA Awards.
Deine Songs sind oft sehr persönlich – manche basieren auf deinen eigenen Erfahrungen, andere sind von deiner Umwelt inspiriert. Dein schwerer Autounfall war sicherlich ein Wendepunkt in deinem Leben. Lass uns über deine Musik, deine Inspirationen und Erlebnisse sprechen.

 

Lisa Richard

Nach meinem Tanzstudium wurde mir klar, dass ich eine besondere Verbindung zu verschiedenen Kunstformen habe – sei es Musik, bildende Kunst oder Medien. Dennoch sehe ich sie nicht immer als zwingend miteinander verbunden. Jede Kunstform hat ihre eigene, unverwechselbare Ausdruckskraft, die ich gezielt einsetze, um Geschichten zu erzählen und Emotionen zu wecken.

Für mich trägt jede Kunstform eine Art Bewegung in sich: Ein Pinselstrich ist wie ein Schwung, jedes Instrument hat eine einzigartige Stimme, und der Körper selbst wird zu einem lebendigen Instrument. Frühe Berührungspunkte mit Musik, Malerei und Film haben mich inspiriert, diese Elemente spielerisch in meiner Arbeit zu integrieren. Besonders spannend finde ich den Dialog, der entstehen kann, wenn Bewegung, Emotion und visuelle Kunst miteinander verschmelzen.

Schon als Kind fiel es mir schwer, Gerechtigkeit oder Machtpositionen zu verstehen. Ich erinnere mich, dass ich mir im Kindergarten oft die Frage stellte: Ab welchem Alter wird ein Mensch „perfekt“?. Schnell wurde mir bewusst, dass dieser Moment niemals eintritt.

Strukturen und Rituale gaben mir ein Gefühl von Sicherheit, doch gleichzeitig fühlte ich mich oft von der lebendigen, bunten Welt in meinem Kopf abgeschnitten. Diese innere Spannung hat mich herausgefordert, körperlich und geistig mit den Gedanken der Kunst zu spielen, die sich bis jetzt in meiner Arbeit wiederspiegelt.

Musik & Einflüsse

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Dein Sound bewegt sich zwischen Folk, Country, Pop und Rock. Wo fühlst du dich musikalisch am wohlsten?

Lisa Richard

Deine erste Frage bezieht sich auf verschiedene Musikgenres, und ich würde sagen: Am wohlsten fühle ich mich im Bereich Folk-Country. Der neue Song “Whiskey Over Me” – geht allerdings eher in Richtung Celtic Rock. Es fällt mir manchmal schwer, mich auf ein einziges Genre festzulegen, einfach weil ich Musik so sehr liebe. Deshalb ist es nicht leicht, mich in eine bestimmte Schublade zu stecken. Aber Folk, Country und Roots – das beschreibt meinen Stil wohl am besten. Wir nennen das Ganze einfach Canadiana. (Sie lacht)

April 14th, 2023 – CashBox Magazine Canada: Rising Country Star + ECMA Performer Lisa Richard Releases “Sunday Confession.”

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Deine Stimme wurde mit der von Cher, Wynonna Judd und Tracy Chapman verglichen. Erkennst du dich selbst in diesen Vergleichen wieder oder nimmst du deine Stimme anders wahr?

Lisa Richard

Mit Künstlerinnen wie Cher, Tracy Chapman oder sogar Wynonna Judd verglichen zu werden – das haut mich jedes Mal um. Denn ich habe großen Respekt vor diesen Künstlerinnen, sie sind wirklich alle absolut großartig. Vor Kurzem wurde ich auch in einem Interview in Nashville mit Anne Murray verglichen. Ich selbst höre das zwar nicht direkt, aber wenn ich ihre Songs covere, dann kann ich Cher definitiv in meiner Stimme wiedererkennen – das ist wahrscheinlich die naheliegendste Ähnlichkeit, würde ich sagen. Und ich wurde auch als eine „soulful Anne Murray“ bezeichnet, also als eine gefühlvolle Version von ihr. Letztlich hängt das aber immer vom Genre ab, das ich gerade singe. Ich liebe alte Musik – und wenn ich Lieder dieser Künstlerinnen interpretiere, kann es schon sein, dass ich ein bisschen wie jede von ihnen klinge.

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Welche Künstler oder Erfahrungen hatten den größten Einfluss auf deinem musikalischen Weg?

Lisa Richard

Was meine Einflüsse betrifft, würde ich sagen: Frauen in der Musikbranche ganz allgemein haben mich am meisten geprägt. Habe ich auch ganz bestimmte Vorbilder im Kopf? Auf jeden Fall – denn das ist die Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Meine Eltern haben viel Loretta Lynn, Dolly Parton und Patsy Cline gehört. Das waren definitiv einige meiner prägenden Einflüsse in der frühen Kindheit.

Aber im Laufe der Jahre sind natürlich noch viele andere hinzugekommen – und es sind vor allem Frauen, die mich inspirieren. Denn wir Frauen sind auch heute noch in der Musikindustrie unterrepräsentiert. Es ist zwar besser geworden als vor einigen Jahrzehnten, aber ich habe großen Respekt vor all den Frauen, die vor mir diesen Weg gegangen sind. Denn sie haben es möglich gemacht, dass ich heute das tun kann, was ich liebe.

Deshalb möchte ich allen Frauen da draußen danken – ganz egal, in welchem Genre sie aktiv sind. Denn sie alle haben mich im Laufe der Zeit beeinflusst.

Der kreative Prozess

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Jeder Künstler entwickelt seine Songs auf seine eigene Art. Wie beginnt ein Song für dich typischerweise – mit der Melodie, dem Text oder einer bestimmten Emotion?

Lisa Richard

Das kann bei mir auf verschiedene Arten geschehen. Am häufigsten ist es so, dass ich spazieren gehe – oder ich wache mitten in der Nacht auf, und plötzlich ist da etwas in meinem Kopf: ein Hook, ein Textfragment, und ich denke an einen Song. Manchmal ist es auch eine Melodie. Ich habe sogar schon geträumt, dass ich im Schlaf einen ganzen Song geschrieben habe. So fängt es bei mir oft an.

Dann nehme ich sofort mein Handy und spreche die Idee als Sprachnotiz ein – weil ich genau weiß: Wenn ich das nicht tue, vergesse ich sie. Danach lasse ich sie manchmal eine Weile liegen. Ich warte ab, um zu spüren, mit wem ich diesen Song vielleicht gemeinsam weiterentwickeln, schreiben und fertigstellen möchte. Manchmal schreibe ich ihn auch ganz allein zu Ende. Das hängt ganz vom Thema und von meiner Stimmung ab.

Aber ja – so läuft das bei mir meistens. Manchmal fällt mir einfach etwas vom Himmel zu – beim Spazierengehen, beim Dösen oder Schlafen – und plötzlich ist da diese Idee. Es gibt viele Wege, wie so ein Song dann entsteht. Und meistens schreibe ich gern gemeinsam mit anderen. Ich habe viele Co-Autorinnen und Co-Autoren, auf die ich mich verlassen kann.

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Gibt es ein Lied von dir, das für dich eine besondere Bedeutung hat, weil es einen wichtigen Moment in deinem Leben widerspiegelt?

Lisa Richard

Meine Songs beziehen sich meistens auf eigene Lebenserfahrungen oder auf Geschichten von Menschen, die mir nahe stehen – Familie, Freunde, so in der Art.

das KULTURgespräch   

das KULTUR

gespräch   

virtualdesignmagazine Michael Hiller

Siehst du große Unterschiede in der Interpretation deines Stils in verschiedenen Regionen? Gehen europäische Künstler oder Künstler aus den klassischen westlichen Bundesstaaten der USA anders mit diesem Stil um als du in Kanada?

Lisa Richard

Ich nicht das Gefühl, dass es große regionale Unterschiede in der Interpretation gibt. Ich bin schon in den Niederlanden, in Budapest und zweimal in Irland aufgetreten – und wenn ich das mit meinen Auftritten in den USA oder in Kanada vergleiche, sehe ich vor allem eins: Die gemeinsame Verbindung liegt im Geschichtenerzählen. Persönliche Geschichten haben für die Menschen oft eine tiefere Bedeutung als beispielsweise politische Inhalte.

Musik ist etwas, womit sich jeder identifizieren kann – besonders wenn ein Song aus einem persönlichen Erlebnis heraus geschrieben wurde. Ich kann also nicht sagen, dass die Reaktionen in verschiedenen Ländern wirklich unterschiedlich waren. Meistens bekomme ich ähnliche Rückmeldungen. Oft kommen Menschen zu mir – zum Beispiel Polizisten, Sanitäter oder Pflegekräfte – und erzählen mir, dass sie sich sehr mit meinem Song Uniforms identifizieren. Es ist ein Lied, in dem Menschen gedankt wird, die vielleicht eine Uniform tragen oder auch nicht, die einem aber in einer gesundheitlichen Krise geholfen haben. Und ja, dieser Song berührt Menschen – ganz egal, in welchem Land ich bin.

Deshalb habe ich nicht das Gefühl, dass es große regionale Unterschiede in der Art der Interpretation gibt.