Ein Interview mit Jeffrey Kovel von Skylab Architecture in Portland, Oregon, über sich wandelnde Lifestyles in den USA und das richtige Maß zwischen Massenproduktion und Individualität.
Mr. Kovel, Sie vergleichen Ihre Designphilosophie mit dem Erzählen einer Geschichte. Könnten Sie das etwas genauer erklären?
Das Ziel eines jeden Projekts ist es, etwas Einzigartiges zu gestalten, das sich an den Kunden orientiert. Wir beginnen mit der Recherche, sehen uns die Geschichte an, den Ort, das große Ganze. Wir lassen Bilder in unseren Köpfen entstehen, vergleichbar mit Metaphern; suchen nach Details und materiellen Einflüssen und versuchen wirklich eine Geschichte aus dem zu kreieren, was wir die DNA eines Projekts nennen. Wir beschäftigen uns damit, wie die Menschen mit unserem Projekt in Berührung kommen könnten, wie wir sie dabei “unterhalten”, sind auf der Suche nach Momenten der Offenbarung und denken darüber nach, was sie davon für sich mitnehmen. Ein gutes Projekt sollte schon einen solchen Spannungsbogen in sich tragen. Nicht im wörtlichen Sinne, sondern im Sinne der Beziehungen, die hergestellt werden. Wir hoffen, dass jeder Mensch das Projekt auf seine eigene Weise erlebt, weil er es aus der Perspektive seiner eigenen Kultur betrachtet.
Wie haben sich Lifestyle und Wohnarchitektur in den USA verändert im Laufe der vergangenen Jahrzehnte?
In den 90er-Jahren gab es eine Art Rückkehr zur Moderne. Die Menschen waren auf der Suche nach offenen Räumen und einer minimalistischen Ästhetik. Derzeit gibt es zwei große Impulse. Der eine ist, dass die Menschen zunehmend das Wohnen wieder als eine Art handwerkliches Unterfangen betrachten. Sie nähen ihre Kleidung selbst, halten sich ihre eigenen Hühner, bewirtschaften Gemüsegärten. Der andere hängt mit der Vorherrschaft der Technik zusammen. Besonders die Kreativen versuchen sich quasi einen Zufluchtsort vor der Technik zu schaffen. Sie kochen, basteln, verbringen Zeit mit ihren Familien. Wohnräume beginnen einen Gegenpol zu ständiger Erreichbarkeit und Medienbeschallung zu bilden.
Sie gestalten auch Läden, Restaurants und Hotels. Wie wichtig ist Ihnen die Kontinuität zwischen Architektur, Innenausstattung und Möbeln?
In erster Linie wollen wir Projekte machen, bei denen wir alle drei Komponenten integrieren und darüber hinaus noch Landschaftsgestaltung und Grafikdesign einbinden können. Dank unserer umfangreichen Erfahrungen in Einzelhandel- und Ausstellungsgestaltung sowie im Design für das Gastgewerbe haben wir uns eine besondere Kompetenz für präzise gestaltete Interieurs angeeignet. Nichtsdestotrotz steht auch die Erweiterung unseres Architektur-Portfolios im Fokus. Wir können diesen Denkansatz in jeder Größenordnung umsetzen, von einem umfassenden Konzeptentwurf bis hin zum kleinsten Detail. Wir setzen alles, was vom Projektbriefing abgedeckt wird, gestalterisch in Szene und versuchen es zu einer einmaligen Geschichte zu verweben.
Sie haben auch ein Fertighaussystem entwickelt – das ist ja ziemlich ungewöhnlich. Wie finden Sie das richtige Maß zwischen Massenproduktion und Individualitä
Wir haben das Unternehmen HOMB gegründet mit dem Ziel, maßgeschneiderte Architektur für ein größeres Publikum zugänglich zu machen. In den USA ist es vielerorts extrem teuer und zeitaufwändig, maßgeschneiderte Häuser zu bauen. Wir haben uns gefragt, wie wir den ganzen Prozess neu gestalten können, inklusive des Verkaufs, des Marketings und des Designs. Wir kamen auf die Idee, ein tragendes System zu entwickeln, und landeten bei einem dreieckigen Rahmen, der jetzt in den USA patentiert wurde. Es ist im Grunde ein modular angelegter Baustein, der unendlich viele Kombinationen zulässt – waagerecht, mehrstöckig, mit Auskragungen… Abgesehen davon, dass diese Herangehensweise sehr effizient ist, erlaubt das System auch, jedes einzelne Projekt einzigartig zu gestalten, je nach Standort und Programm. Bisher haben wir ein Wohnhaus in Portland und eine Skihütte in Utah fertig gestellt, es entstehen noch ein Hotel in Alaska und einige andere Wohnprojekte. Es gibt ziemlich viele Einsatzmöglichkeiten.
An welchen Projekten arbeiten Sie im Moment noch?
An mehreren: an dem W-Hotel in San Francisco, an einem Wohnbauprojekt mit 21 Stockwerken in Portland sowie an Ladenstandorten für einen Sockenhersteller aus Kalifornien. Außerdem wurden wir als eines von zwei Architektenbüros für die Erweiterung des Nike-Geländes hier in Portland ausgewählt. Das ist sicher das aufregendste Projekt im Moment.
Zur Person:
Jeffrey Kovel ist leitender Architekt des Büros Skylab Architecture, das er 1999 in Portland, Oregon gründete. Die Arbeit des Büros verbindet alle Bereiche von Architektur und Landschaftsgestaltung bis hin zu Innenarchitektur und Grafikdesign. Kovel studierte Architektur in der italienischen Hauptstadt Rom und machte 1995 seinen Hochschulabschluss an der Cornell University in Ithaca, New York. Neben seiner Tätigkeit bei Skylab Architecture ist er auch Miteigentümer von Doug Fir Restaurant and Lounge in Portland, von KBP, einer Immobilienentwicklungsgesellschaft, und von HOMB, einem Unternehmen, das sich auf Systembau spezialisiert hat.
www.skylabarchitecture.com
www.welcomehomb.com
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